Weibliche Kraft wecken - feiern - verweben


Seit Anbeginn der Menschheit verbrachten Frauen einen großen Teil ihrer Zeit in Gemeinschaft mit anderen Frauen. In steinzeitlichen Jäger- und Sammlergesellschaften waren Frauen schon aufgrund der Tatsache, dass sie biologische Gebärerinnen und Versorgerinnen der Kinder waren und in ähnlichen biologischen Rhytmen lebten, mit anderen Frauen verbunden. Das Beschaffen von Nahrung, die Herstellung von Alltagsgegenständen und Medizin, das Erzählen von Geschichten im Kreis um das Feuer und die Betreuung der Kinder waren Tätigkeiten, die frau teilte. Gemeinschaft entstand auf natürliche Weise im Alltag. Männer waren zeitweise Tage oder Wochen unterwegs auf der Jagd. Sexualität und partnerschaftliches Großziehen von Kindern war voneinander entkoppelt und Frauen lebten in der Gemeinschaft ihrer weiblichen Linie mehrerer Generationen, in der sie auch ihre Kinder großzogen und Alte versorgten. 

Im Gegensatz zur allgegenwärtigen Geschichtsschreibung, die den Fokus hauptsächlich auf die Entwicklung männlicher Errungenschaften und männlich- dominierte machtpolitische Entwicklungen und Zusammenhänge legt, beschäftigt sich ein kleinerer Teil von WissenschaftlerInnen mit der Erforschung von weiblichem Einfluss in verschiedenen Zeiträumen der Menschheitsgeschichte. Auch in volkstümlich bekannten Geschichten, Märchen, Sagen und Liedern lebt noch ein Teil weiblicher Geschichte weiter, allerdings durch religiöse und patriarchale Zusammenhänge so verzerrt, dass der ursprüngliche Sinn kaum mehr erkennbar ist. In Europa sind die meisten überlieferten Hinweise auf den Einfluss der weiblichen Kraft spätestens seit der Hexenverfolgung durch die Kirche ausgelöscht. Uralte Bildnisse und Figuren von Frauen mit großen Brüsten und Geschlechtsteilen geben Hinweise auf eine einst ganz anders aussehende Frauenkultur in ganz verschiedenen Regionen der Erde. Auch in den verbliebenen indigenen Kulturen gibt es teilweise noch Strukturen, Riten, Geschichten und Medizinsysteme, die eine Sicht auf Weiblichkeit freilegen, die in mancher Hinsicht förderlicher und gesunderhaltender ist, als vieles, dem Frauen in den meisten Kulturen der Erde heute gegenüberstehen. Die westliche Schulmedizin hat neben großen Behandlungserfolgen eine ebenso große Distanz zwischen Individuum und eigenem Körpergefühl, somit auch der Möglichkeit, eigene Lösungswege aus Ungleichgewicht und Krankheit zu finden, provoziert. Der weibliche Körper war selten Maßstab für Behandlung, seine Ungleichheit dem männlichen Körper gegenüber meist als Mangel oder Fehler deklariert. Doch sind die männliche und weibliche Biologie in vielerlei Hinsicht verschieden und benötigen daher auch unterschiedliche Ansätze zur Therapie. Der zyklischen Natur der Frauen verständnislos gegenüberstehend, war besonders der weibliche Menstruationszyklus Gegenstand von allgemeiner Kritik, wenn nicht gar verachtender Haltung gegenüber Frauen. 

Angesichts aktueller Herausforderungen hinsichtlich dem Erhalt unseres Planeten, Frieden,  Gesundheit, Gemeinschaft, Kindererziehung und vielem anderen, dürfen wir uns erinnern, dass Menschen die längste Zeit ihres Daseins in matrifokalen, das heißt, mütterzentrierten Gemeinschaften lebten. Sich, wie oben grob skizziert, ganz natürlich ergebend, hatten Frauen eine zentrale gesellschaftliche Rolle inne. Tief eingebettet und abhängig von den Gegebenheiten der, sie umgebenden, Landschaft, war Demut vor der Natur, das Wissen um endliche Ressourcen und der verantwortungsbewusste Umgang damit selbstverständlich. Direkt in Kontakt mit den Schritten der Beschaffung und Verarbeitung von Lebensgrundlagen war es nur natürlich, dass die Erde selbst als 'Versorgerin' Mittelpunkt und Ziel von Dankbarkeit und Verehrung der Menschen war. In nahezu allen ursprünglichen Gesellschaften gibt es Hinweise auf Rituale und religiöse Praktiken, die Dankbarkeit, Verehrung und Hingabe an 'Mutter Erde' ausdrücken. Die Erde und Frauen als Repräsentantinnen diverser weiblicher Qualitäten wie Fürsorge, Ernährung und Neuerschaffung stehen in engem Zusammenhang. 

Erst viel später in der Geschichte der Menschen spielte Privateigentum, also Besitz eine Rolle. Was vorher als Gabe der Erde betrachtet und gedankt wurde, veränderte im Kontext von großen Herden domestizierter Tiere wie Rinder und vergrößerte Felder, die durch Plugackerbau bewirtschaftet wurden, seinen Sinn. In der Entwicklung zur Sesshaftigkeit waren es, nachdem Frauen zuvor als Pflanzerinnen viel kleinere Flächen zum ersten Gemüseanbau in Anspruch genommen hatten, vorwiegend Männer, die ihr Besitztum in großem Maße etablierten und ausbauten und erstmals Herrschaft und Macht über andere Lebewesen erlangten. In der Kupfersteinzeit vor etwa 4500 Jahren v.u.Z. etablierten sich patriarchale, das heißt väterbeherrschte Strukturen, in deren Folge sich der Bezug zur Erde, damit auch Religion, die Stellung der Frauen und anderes grundlegend veränderte. Die ehemalige Verehrung der Erde verwandelte sich in eine Bezugnahme auf abstraktere Götter, beziehungsweise einen Gott in unterschiedlicher Form. Durch die staatlich und religiös sanktionierte Form der Ehe lebten Frauen mehr und mehr getrennt von ihrer Ursprungsfamilie, eingegliedert in die Familie des Ehemannes und verpflichtet zu den alltäglichen Aufgaben als Hausfrau und Mutter.  

Das, seit etwa 4500 Jahren v.u.Z. erstarkende, vor allem gewaltvoll durchgesetzte, patriarchale, von der Erde entkoppelte System bringt alle Beteiligten, nicht zuletzt unseren Planeten selbst, an den Rande der Kapazitäten. Dringender als je zuvor braucht es Menschen, die in Demut vor der Erde und im Bewusstsein weiblicher Qualitäten fühlen, denken und handeln. Insbesondere Frauen, doch auch Männer tragen weibliche Anteile in sich, die, geweckt, gewürdigt und mit anderen verwebt, ein großes Potential in sich tragen. Der körperliche Zugang zu natürlichen, regenerativen Rhytmen, verbindende, nährende Gemeinschaft und von innen kommende, kreative Lösungsprozesse, die das Gemeinwohl im Blick haben dürfen sich ausgleichen mit Zielorientiertheit, analytischem Denken und anderen männlichen Aspekten, die Überhand gewonnen haben. Nur durch einen Ausgleich der Energien finden wir ein Gleichgewicht in uns und im Außen. 

Die letzten Jahrzehnte haben in vielen Teilen der Welt jedoch auch anfängliche Bewegungen in Gang gesetzt, die die Herrschaft des Menschen gegenüber der Natur infrage stellen. Naturschutz, Frauenbewegungen, Friedensbewegungen, die Suche nach einer Spiritualität, die den Mensch als Teil eines großen Ganzen begreift, Ansätze zu einer selbstbestimmteren, humaneren Geburtskultur, bindungs- und bedürfnisorientiertes Begleiten von Kindern, Ökolandbau, solidarische Landwirtschaft, vegetarische und vegane Lebensformen und vieles andere lässt hoffen.

Weibliche Kraft meint somit eine Fülle an Qualitäten, die sich aus dem weiblichen Prinzip ergeben. Somit können Frauen wie auch Männer oder Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen möchten, diese Kraft erwecken und für ein Leben in Einklang mit ihrer inneren und äußeren Natur nutzen. Gerade in unserer westlichen Kultur haben Frauen so viel Freiheit und Menschen insgesamt so viel materiellen Wohlstand, dass wir in der Lage sind, uns bewusst dem zuzuwenden. 

Mit meinen Angeboten möchte ich einen kleinen Teil, sich einst natürlich ergebender, weiblicher Kultur wieder erwecken und feiern. Mit möglichst vielen Menschen möchte ich ein Netz knüpfen, in dem wir uns entfalten und stärken können - um dem sinnvoll handlungsfähig begegnen zu können, was uns in unseren individuellen und im kollektiven (Er-) Leben begegnet. 



' Der Mensch hat das Netz des Lebens nicht gewebt, er ist nur ein Faden darin. Was immer er dem Netz antut, tut er sich selbst an. ' 

- Chief Seattle, Häuptling der Suquamish und Duwamish -



Zum Weiterlesen: 

https://herstory-history.com
Ursula Seghezzi: im Land der Seele

Andere Quellen folgen..